Mangelhafte Untergrundvorbereitung lässt Fertigparkett hochgehen Ein Spachtelmassen-Desaster

Lediglich Pulver mit Wasser anrühren und die Masse auf dem Estrich verteilen, so einfach geht’s meist nicht. Jede Ausebnungsmasse verfügt über eine Verarbeitungsanleitung, und diese sollte dem Boden- oder Parkettverleger bestens bekannt sein.

Schichtentrennung
Schichtentrennung im Höhenausgleich nach dem Entfernen des bereits verlegten Parketts. - © Lysser

Umbau- und Renovationsarbeiten in einer älteren Wohnung erforderten nebst Wandentfernungen in allen Räumen den Ausbruch von vorhandenen Massivholzböden. Um die Bodenbereiche Wohnen/Essen/Küche auf die Höhe des Korridors zu bringen und damit eine durchgehende Bodenfläche zu erzielen, entschied sich der beauftragte Unternehmer, hierfür mit Spachtelmasse zu arbeiten. Der Korridor lag vorher höher vor, so dass die Türen der einzelnen kleinen angrenzenden Räume unten einen Anschlag hatten. Etwa 25 mm Höhenanpassung wurden notwendig. Diese erfolgte mit zwei Güssen desselben Produktes und die beiden Spachtelmassenschichten gelangten anfangs Sommer in zwei Tagen auf die Untergründe im Umbau.

Schadensbild: Rissbildungen in der Spachtelmasse

Nach wenigen Tagen zeigten sich diverse Rissbildungen in den auf die Sollhöhe angepassten Bodenflächen. Der Spachtelmassenverarbeiter stufte diese aber als unproblematisch und zu tolerieren ein. Eine Verlegung von Mehrschichtparkett wäre trotz der Risse möglich, so seine Beurteilung.

Zum Herbstbeginn waren die meisten Ausbauarbeiten in der Wohnung abgeschlossen, so dass mit der Parkettverlegung begonnen werden konnte. Der Auftragnehmer für die Endbeläge setzte dazu ein 2-Schicht-Fertigparkett ein sowie einen 1-komponentigen Elastkleber.

Nur ganz kurze Zeit nach dem Verlegen der ersten kleinen Teilfläche Parkett wölbte dieser Bereich größerflächig auf und zwischen den deutlich konkav verformten/geschüsselten Parkettelementen traten schmale Fugen auf. Beim Entfernen des bereits montierten Holzbelages anderntags zeigten sich Trennungen zwischen den Spachtelmassen. Die obere Schicht verblieb vollflächig sowie ordentlich haftend unten am Parkett. Aber die untere/zuerst aufgetragene Ausgleichsmassenschicht löste sich stellenweise vom Untergrund ab.

Löcher Spachtelmasse
Mit bloßem Auge gut sichtbare Löcher in der Spachtelmasse. - © Lysser

Feststellungen vor Ort: Schichtentrennungen und Löcher

Uneinigkeit unter den beiden beteiligten Handwerkern über Schadenursache und Verantwortung führte auch auf dieser Baustelle zu einem kurzfristig angeordneten Gutachtertermin vor Ort.

Dem Experten zeigten sich, nebst den Schichtentrennungen der Spachtelmassen, viele Löcher in den Ausgleichsschichten, welche unterschiedliche Größen aufwiesen. Dazu trennten sich die beiden Massen ohne Ausrisse. Zwei glatte Flächen kamen zum Vorschein. Und auch die ursprünglich aufgetretenen Risse in der oberen Ausgleichsschicht wurden wiederum deutlich erkennbar, jedoch nicht nur dort, sondern ebenso in der ersten/unteren Masse.

Unter der zuerst gegossenen Schicht konnte dazu alter Parkettleim in unterschiedlichen Farbtönen festgestellt werden. Schleifspuren einer Untergrundvorbereitung lagen aber keine erkennbar vor.

Und wären diese Feststellungen von unnatürlichen Erscheinungen nicht genug, stellte der Sachverständige zusätzlich fest, dass mit der Höhenanpassung keine Anschlussfugen zu Wänden hin konstruiert wurden. Die Spachtelmassen gelangten bis an die Flächenabgrenzungen zum Einsatz. Zu guter Letzt trat noch ein Stück eingegossenes Holz in der Unterkonstruktion auf. Dieses stand der aufgegossenen Bodenfläche sogar wenig vor.

Ein Spachtelmassen-Desaster: Auf den Punkt gebracht

  • Im Zuge einer Wohnungsrenovierung war eine Höhenanpassung um 25 mm nötig, um eine durchgehende Bodenfläche zu erzielen – aufgebracht in zwei Güssen mit derselben Spachtelmasse.
  • Nach wenigen Tagen zeigten sich Rissbildungen in der Spachtelmassenschicht, die der Vearbeiter jedoch als unproblematisch für die anschließende Parkettverlegung einstufte.
  • Kurz nach Verlegen der ersten Teilfläche des 2-Schicht-Fertigparketts wölbte sich dieser Bereich größerflächig auf. Zwischen den geschüsselten Parkettelementen waren schmale Fugen. Beim Entfernen des Parketts zeigten sich Trennungen zwischen den Spachtelmassenschichten und viele Löcher unterschiedlicher Größe in den Ausgleichsschichten.
  • Der Gutachter fand unter der ersten Schicht noch alten Parkettleim und stellte fest, dass mit der Höhenanpassung keine Anschlussfugen zu Wänden hin konstruiert waren. Außerdem war an einer Stelle ein Stück Holz eingegossen.
  • Fazit des Gutachters: unsachgemäße Verarbeitung. Die Estrichoberflächen wurden zu wenig bzw. gar nicht geschliffen und von Kleberrückständen gereinigt. Es erfolgte kein Voranstrich, die Haftbrücke fehlte. Die Spachtelmasse wurde unter anderem falsch angerührt, was zu den vielen Löchern führte. Außerdem wurden dem Untergrundverarbeiter die fehlenden Anschlussfugen als grober Mangel angelastet.
  • Schadensbehebung: alles raus und nochmal ordentlich machen.

Weitere Prüfungen zeigten klassische Entmischungen der Spachtelmasse

Bei zusätzlichen Prüfungen von Spachtelmassenstücken im Labor mussten klassische Entmischungen festgestellt werden. Die schweren Anteile lagen als dunkle sowie grobkörnige Schicht unten vor, die leichten sowie feinen Partikel oben.

Unter dem Mikroskop kamen in beiden Ausgleichsschichten zusätzlich viele kleine Löcher zum Vorschein. Ein Voranstrich, eine Grundierung oder Haftbrücke wurden aber nirgends erkennbar, weder auf der Unterseite der zuerst aufgetragenen Masse, noch auf den glatten Oberflächen zwischen den beiden zementösen Höhenanpassungen.

Als Ursache der Rissbildungen sowie Löcher in den Spachtelmassenschichten und fehlenden Haftungen untereinander wie auch auf den Untergründen musste eine unsachgemäße Verarbeitung aufgeführt werden.

Schadensursache: Spachtelmasse falsch angerührt

Die alten Estrichoberflächen wurden zu wenig oder gar nicht geschliffen und von Klebstoffrückständen gereinigt. Sodann gelangte keine systemgeforderte Haftbrücke zum Einsatz, welche eine ordentliche Verbindung der Spachtelmasse zu den bestehenden Estrichen hätte erzeugen können. Auch zwischen den beiden Ausebnungsschichten fehlte eine entsprechende Vorbehandlung. Im Normalfall erfordern zusätzliche Produkte auf einer zuvor applizierten Ausgleichsschicht einen Voranstrich oder eine Haftbrücke.

Wandbereiche ohne Anschlussfugen mit Dämmstreifen. - © Lysser

Weiter wurde das Pulver und Wasser offensichtlich mit einem ungeeigneten Propeller-/Flügelrührer angemischt oder mit dem Rührwerk in zu großer Drehzahl gearbeitet. Beides führte zu einer schaumigen Masse und die Luftblasen konnten sodann nicht nach oben entweichen, umso mehr im Sommer meist höhere ­ Raum­temperaturen­ zu einem raschen Antrocknen von Spachtelmateralien führen. Daraus resultierten die vielen Löcher in ganz unterschiedlichen Größen. Inwieweit auch noch die schnelle Abfolge der Schichtenaufträge die Blasen innerhalb der Masse zurückhielt, konnte nicht definiert werden. Mit Sicherheit lag aber die erste Schicht Spachtelmasse gemäß Produktebeschrieb noch nicht ausreichend trocken vor, um Folgearbeiten direkt darauf ausführen zu können.

Die Massen wurden zusätzlich mit zu viel Wasser angerührt. Dadurch setzten sich die schwereren Anteile Sand und Zement nach unten ab und die leichten Partikel wie Additive, Bindemittel etc. schwammen oben auf. Auf der Oberfläche zeigten sich gelbliche Beschichtungen, ähnlich einer Plastikschicht. Das Verhältnis von Pulvermenge zu Wasseranteil ist bei fast allen Spachtelmassen genau nach Vorgabe der Verarbeitungsanleitung einzuhalten.

Handwerkstechnisch mussten dem Untergrundvorbereiter zudem die fehlenden Anschlussfugen als grober Mangel angelastet werden. Ohne zuvor montierte Randstellstreifen zur Verhinderung von Kontakten der Spachtelmassen mit den Wänden resultierten Schallbrücken, welche mit Sicherheit nachträglich bei der Wohnungsnutzung zu unvermeidbaren Reklamationen wegen Lärmbelästigungen von „Nachbarn“ geführt hätten.

Schadensbehebung: alles raus und nochmal machen

Die beiden Schichten Spachtelmasse mussten ausgebaut und entsorgt werden. Danach erforderten die Estrichoberflächen ordentliche Vorbehandlungen durch Schleifen sowie Auftragen einer Haftbrücke. Wände oder andere bodenabgrenzende Bauteile mussten mit vorgängig montierten Randstellstreifen zur Schalldämmung versehen werden. Und erst danach konnten die Höhenanpassungen mit einer geeigneten sowie dazu seitens Hersteller freigegebenen Masse ausgeführt werden. Ob eine oder zwei Schichten für den Höhenausgleich von etwa 25 mm notwendig wurden, gab das Produktesystem vor.

Der Autor Berhard Lysser ist ehemaliger Gerichtsgutachter im Ruhestand

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    Schichtentrennung
    © Lysser
    Schichtentrennung im Höhenausgleich nach dem Entfernen des bereits verlegten Parketts.
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    Risse in beiden Spachtelmassenschichten.
    © Lysser
    Risse in beiden Spachtelmassenschichten.
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    Wandbereiche ohne Anschlussfugen mit Dämmstreifen.
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    Holzteil Unterkonstruktion
    © Lysser
    Holzteil in der Unterkonstruktion.
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    Klebstoffrückstände Estrich
    © Lysser
    Braune Klebstoffrückstände auf der Estrichober­fläche und deutliche Sichtbarkeit der Massenentmischung.
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    plastikähnliche Beschichtung Spachtelmassenoberfläche
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    Plastikähnliche Beschichtung aus Leichtanteilen auf der Spachtelmassenoberfläche.
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    Löcher Spachtelmasse
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    Mit bloßem Auge gut sichtbare Löcher in der Spachtelmasse.
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    Kleinstblasen in Spachtelmasse
    © Lysser
    Unzählige mit dem Mikroskop erkennbare Kleinstblasen.